Eine patientenfreundliche Praxiseinrichtung ist ein maßgeblicher Faktor, um die Patientenzufriedenheit zu erhöhen und gleichzeitig das Stresslevel zu senken. Einen großen Einfluss hat dabei insbesondere auch die Auswahl der Farben und der Beleuchtung.

Viele Behandlungen können bei Patient:innen auch in einer Hausarztpraxis Stressgefühle auslösen – sei es die Blutentnahme für den alljährlichen Gesundheitscheck, eine Grippeimpfung, die nicht immer schmerzfreie Behandlung einer Wunde oder auch kleinchirurgische Eingriffe. Häufig besteht eine gewisse Nervosität schon vor der eigentlichen Behandlung im Wartezimmer oder auch bei den unmittelbaren Vorbereitungen des medizinischen Eingriffs. Wie sehr der Stresspegel bei Praxisbesucher:innen steigen kann, zeigt das medizinpsychologische Phänomen der "maskierten Hypertonie", umgangssprachlich auch als "Weißkittelsyndrom" bekannt.

Mögliche Stressfaktoren bei einem Praxisbesuch

Stress oder Ängste sind zunächst einmal nichts Ungewöhnliches bei einem Praxisbesuch. Das gilt insbesondere für phobisch veranlagte Personen mit entsprechenden Dispositionen. Daneben spielt aber auch die Art des bevorstehenden medizinischen Eingriffes eine Rolle. Hinzu kommen weitere Faktoren, die Angst und Stress verstärken können, wie z.B. eine lange Warteschlange oder eine angespannte, unterschwellig aggressive Stimmungslage in einem völlig überfüllten Wartebereich mit überforderten Mitarbeiter:innen am Empfang.

Doch auch die Praxisatmosphäre und -einrichtung selbst können stressfördernd wirken – beispielsweise durch lieblos gestaltete Warte- und Behandlungsräume. Auch Praxen, deren Wände und Fliesen unifarben in Weiß gehalten sind, vermitteln oft keinen besonders behaglichen Eindruck. An und für sich demonstriert eine Praxis damit in der Außenwirkung zwar zunächst, dass sehr großer Wert auf Hygiene gelegt wird. Psychologisch betrachtet wird ein kahler weißer Raum jedoch auch oft mit emotionsloser Sterilität, Kälte und Distanz assoziiert.

Die patientenfreundliche Arztpraxis

Viele moderne Praxisgestaltungen tragen den Aspekten der Patientenzufriedenheit bereits Rechnung und sind im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten schon deutlich farbiger und einladender eingerichtet, zumal Farbakzente auch keineswegs bedeuten, dass damit Hygienestandards vernachlässigt werden. Integrierte Materialien aus Holz oder Stein und bunte Wandfarben- und -bilder mildern den Eindruck einer sterilen Klinik-Atmosphäre deutlich ab. Auch hat es sich in vielen Arztpraxen durchgesetzt, statt kahlen Bodenfliesen einen Laminatboden in warmer Holzoptik zu verwenden. Ein TV-Screen mit Videos aus fernen Urlaubsländern und auch Pflanzen-Arrangements lassen das Behandlungsumfeld ebenfalls wesentlich lebensfreundlicher erscheinen. Die Praxisatmosphäre wirkt insgesamt wohnlicher und dadurch zugleich stress- und angstreduzierend.

Auch bei der Fensterausstattung lassen sich bewusst freundliche Akzente setzen. Jalousien, vor allem in Weiß oder aluminiumfarben, haben beispielsweise wieder eine eher kühlere, formale Ausstrahlung. Textile Behänge wie beispielsweise farbige Rollos sorgen demgegenüber für eine behaglichere Behandlungsatmosphäre. Beim Thema Fensterdekoration ist für Arztpraxen jedoch auch zu beachten, dass textile Fensterdekorationen möglichst pflegeleicht und einfach zu säubern sind. Fällt die Wahl bei einer anstehenden Praxiseinrichtung auf Rollos, sollten diese idealerweise feuchtraumgeeignet und auch feucht abwaschbar sein.

Stressreduzierende Praxisatmosphäre:
  1. Eine freundliche Praxisatmosphäre ist essenziell für die Patientenzufriedenheit, reduziert Ängste und ist zugleich bedeutend für die Außendarstellung.
  2. Farben oder warme Farbgebungen sind einer komplett weißen Praxisgestaltung vorzuziehen.
  3. Naturoptiken erzeugen mehr Behaglichkeit als Fliesen.
  4. Auch bunte Wände, Bilder, Rollos und Grünpflanzen steigern das Wohlbefinden.
  5. Als allgemeine Praxisbeleuchtung sollten warmweiße Leuchtelemente gewählt werden.


Die richtige Lichtstimmung in Praxisräumen

Einen ebenso großen Einfluss auf das Wohlbefinden bei einem Praxisaufenthalt haben die richtigen Lichtverhältnisse. Eine freundliche Beleuchtung ist nicht nur eine rein ästhetische Frage, sondern trägt maßgeblich dazu bei, die Nervosität der Praxisbesucher:innen zu senken. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die gewählte Farbtemperatur der allgemeinen Praxisbeleuchtung. So wird grelles, kaltweißes Licht über 5.300 Kelvin von den meisten Menschen als äußerst unangenehm empfunden – vor allem im Wartezimmer oder am Empfang. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass eine kalte Farbtemperatur der Beleuchtung allgemein eine eher anregende und wachmachende Wirkung hat und nicht nur bei typischen Angstpatient:innen das Erregungsniveau erhöht, sondern auch bei allen anderen Praxisbesucher:innen zu dem unangenehmen Gefühl beitragen kann, wie ein "Behandlungsobjekt" auf dem Präsentierteller zu sitzen. Eine deutlich entspanntere Atmosphäre entsteht durch gedimmte Lampen oder warmweiße Beleuchtungsmittel mit einer niedrigeren Farbtemperatur von 2.700 bis 3.300 Kelvin. Das können z.B. punktuell gesetzte LED-Einbaustrahler für die Decke sein oder indirekt leuchtende Wandlampen.

Positive Behandlungsatmosphäre auch für die Selbstvermarktung wichtig

Freundlich gestaltete Praxisräume dienen nicht nur dem Wohl der Patient:innen, sondern sind auch in Bezug auf die Außendarstellung und die Selbstvermarktung von Ärzt:innen von elementarer Bedeutung, vor allem, wenn es um die Neupatientengewinnung geht. Denn viele Patient:innen, die eine Praxis noch nicht kennen, verschaffen sich in der heutigen digitalen Welt online auf der Praxiswebseite gerne schon im Vorfeld einen ersten Eindruck.

Eine Praxiseinrichtung, die im Prinzip nur aus eintönigem Grundmobiliar besteht, das zudem erkennbar noch älteren Jahrgangs ist, wirkt hierbei schon auf den ersten Blick nicht gerade vertrauenserweckend. Präsentiert sich eine Praxis auf ihrer Webseite jedoch mit ansprechenden Fotos einer modernen, fröhlich gestalteten Einrichtung und zeigt sich bei dem Online-Auftritt zusätzlich auch das Praxisteam von seiner freundlichen, offenen Seite, haben Neupatient:innen von vornherein das sichere Gefühl, künftig medizinisch auch wirklich in besten Händen zu sein. Nicht zuletzt trägt eine ansprechende Praxisoptik auch zur dauerhaften Bindung von zufriedenen Langzeitpatient:innen bei und damit letztendlich zu einem langfristigen Erfolg einer Arztpraxis.



Autorin
Dagmar Pohland
Fachredakteurin bei Livoneo
M.A. Literatur, Psychologie und Biologie
www.livoneo.de

Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (8) Seite 42-43